ZUR ERINNERUNG Prof. Dr. – Ing. Rolf-Dieter Böckmann
8. Dezember 1943 – 8. März 2022
Lieber Herr Böckmann,
meine Worte erreichen Sie nicht mehr in unserer irdischen Welt. Sie gelten mit Ihrem Wirken auf dem Gebiet der Medizintechnik, als Prüfingenieur des TÜV Rheinland, als Hochschullehrer der Fachhochschule Gießen – Friedberg (heute: Technische Hochschule Mittelhessen), als
einer der ersten in der Bundesrepublik öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für medizinisch-technische Geräte, als aktives Mitglied der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Krankenhaustechnik WGKT und als ein den TÜV Media Verlag zum Thema Medizintechnik
prägender Autor. Meine Ausführungen beschränken sich auf Aspekte unserer weit über 30 Jahre währenden intensiven Zusammenarbeit für den TÜV Media Verlag.
Ich erinnere mich an eine meiner ersten Begegnungen mit Ihnen. Anlässlich des im September 1984 in Wiesbaden durchgeführten Industrieforums zur Instandhaltung und zum Betreiben medizinisch-technischer Geräte saßen wir gemeinsam auf dem Podium und moderierten eine Sitzung zu der am Horizont auftauchenden Medizingeräteverordnung MedGV. Ihr Vortrag, den Sie anlässlich der Jahrestagung der WGKT 1980 in Hannover zu dem Thema „Über den Zustand medizin-technischer Geräte im Krankenhaus“ /1/ gehalten haben, veranlasste mich, Sie zu der Veranstaltung in Wiesbaden einzuladen. Sie legten als damaliger Sachverständiger der Prüfstelle für medizinische Technik des TÜV Rheinland ein umfassendes Sicherheitskonzept für medizinisch-technische Geräte vor, das in seinen Grundzügen heute noch gültig ist und das ich als damaliger Verantwortlicher für die Entwicklung der medizintechnischen Geräte und Anlagen der Drägerwerk AG teilte.
1988 kamen Sie auf mich zu und baten um einen Beitrag zu den „Durchführungshilfen zur Medizingeräteverordnung, praxisnahe Hinweise, Erläuterungen, Textsammlungen“, die Sie im Verlag TÜV Rheinland GmbH (heute: TÜV Media GmbH) als Ergänzungslieferung zusammen
mit Herrn Manfred Winter herausgegeben haben. In Brüssel zeichneten sich Entwicklungen zu europäischen Verordnungen auf dem Gebiet der Medizinprodukte ab, auf die Sie zeitnah hinweisen wollten.
Dies war der Beginn unserer intensiven und der von mir sehr geschätzten Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Medizintechnik, die sich weit über 30 Jahre erstreckte. 1992 vereinbarten wir zunächst unter uns, eine Autorengemeinschaft zu bilden, um ab 1994 das auf dem europäischen Gemeinschaftsrecht basierende Medizinproduktegesetz (MPG) mit den jeweiligen deutschen Verordnungen in den „Durchführungshilfen zum Medizinproduktegesetz“ in Form von jeweils 2 Ergänzungslieferungen pro Jahr als Herausgeber und Autoren praxisnah zu kommentieren. Dem damaligen Verlag TÜV Rheinland GmbH sind wir dankbar, dass er unseren Vorschlag positiv aufgegriffen hat und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Medizinproduktegesetzes (MPG) am 9. August 1994 die erste Kommentierung ausgeliefert hat. Mit Inkrafttreten des MPG am 1. Januar 1995 waren somit bereits die ersten Arbeitshilfen zur praxisnahen Umsetzung der neuen Vorschriften verfügbar.
22 Jahre lang haben wir gemeinsam 44 Ergänzungslieferungen herausgegeben. Auf Grund meines Alters habe ich mich 2016 als Autor und Mitherausgeber zurückgezogen. Im April 2018 haben Sie sich, lieber Herr Böckmann, mit der 50. Ergänzungslieferung verabschiedet. Ihr Schwerpunkt der Kommentierung lag bei sicherheitstechnischen Forderungen und beim Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten und der praktischen Umsetzung der Einweisung in Medizinprodukte.
Ihre herausragende Leistung, lieber Herr Böckmann, möchte ich anhand einiger Zahlen verdeutlichen: Jede Ergänzungslieferung hatte einen Umfang von mehr als 300 Seiten. Jede dieser Lieferungen entspricht einem medizintechnischen Fachbuch. Insgesamt kann man ohne Übertreibung sagen, dass Sie für 44 Fachbücher als Mitherausgeber und für 6 Fachbücher als alleiniger Herausgeber verantwortlich sind.
Jede Ergänzungslieferung stellte Sie vor neue Herausforderungen, da sowohl die Europäische Kommission in Brüssel als auch der nationale Gesetzgeber eine Vielzahl von Änderungen und Ergänzungen im Medizinprodukterecht vorgenommen hat. Diese Anforderungen haben Sie mit Ihrer strukturierten Arbeitsweise überzeugend gemeistert.
Um die Anforderungen an Medizinprodukte beim Betreiben und Anwenden sachgerecht und praxisnah kommentieren zu können, haben Sie aktiv als Referent in über 60 Tagesseminaren des „Forum für Medizintechnik“ /2/ zu dem Thema: „Inhalt und Umsetzung des MPG und der Betreiberverordnung“ mitgewirkt. Über 5000 Teilnehmer haben bei jeder dieser Veranstaltungen ihre klinikinternen Probleme bei der Umsetzung der regulatorischen Forderungen ansprechen können. Wir hatten uns zusammen mit den anderen Referenten stets an die Devise gehalten: „Jede Frage ist zu beantworten!“ Sie waren ein überzeugter Verfechter dieser Devise.
Sie verstanden es stets, komplexe Sachverhalte verständlich für Anwender von Medizinprodukten darzustellen, sie strahlten dabei Sachverstand gepaart mit Ruhe und Bescheidenheit aus. Dafür spreche ich Ihnen meinen tiefen Dank aus.
Zu Beginn der Jahrtausendwende wurde vermehrt der Wunsch nach einem Taschenbuch an uns herangetragen, das die wesentlichen Texte zum Medizinprodukterecht umfasst und zusätzlich wesentliche Begriffe des Medizinprodukterechts in Kurzform erläutert bzw. definiert. Auf der Suche nach einem griffigen Namen für dieses Vorhaben kreierten Sie den Namen „MPG & Co. – Eine Vorschriftensammlung zum Medizinprodukterecht mit Fachwörterbuch“.Dieses Mal bedurfte es einer großen Überzeugungskraft, auch den Verlag für dieses Vorhaben zu begeistern und zu gewinnen. Dies gelang uns mit dem Vorschlag, das Taschenbuch bei einer gewissen Mindestabnahme als Sonderdruck vier medizintechnischen Verbänden und Organisationen anzubieten. 2002 kam es zur ersten Auflage mit der Erläuterung von über 120 Fachbegriffen, 2017 erschien die 8. aktualisierte Auflage inklusive einem Fachwörterbuch mit ca. 600 Fachbegriffen, die im Zusammenhang mit dem Medizinprodukterecht von Bedeutung sind. Zwischenzeitlich hat der Verlag dieses Konzept auch auf andere Bereiche übertragen.
Ich möchte mich, lieber Herr Böckmann, auch im Namen unserer zahlreichen Leserinnen und Leser, von Ihnen verabschieden und danke Ihnen für die angenehme und stets belebende und konstruktive Zusammenarbeit und die anregenden Gespräche und Diskussionen. Sie waren für mich ein stets zuverlässiger Partner, der immer die Sicherheit von Patienten im Blick hatte.
In freundschaftlicher Verbundenheit rufe ich Ihnen das Wort von Albert Schweitzer zu: „Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen seiner Mitmenschen“. Meine Gedanken gelten auch Ihrer Frau und Ihrer Familie.
Ruhen Sie in Frieden.
Ihr
Horst Frankenberger
Prof. Dr. rer. nat. Horst Frankenberger, FFM-Gründungsmitglied (1991) und Vorsitzender des FFM 1998 – 2013
/1/ Rolf-Dieter Böckmann
Über den Zustand medizin-technischer Geräte im Krankenhaus
Hannover, Tagung der der Wissenschaftlichen Gesellschaft für
Krankenhaustechnik WGKT – Tagungsband TK 1980, S. 78
https://www.wgkt.de/fileadmin/wgkt/download/tagungsbaende/TK_1980.pdf
/2/ Forum für Medizintechnik e.V.
Träger des Vereins sind die Universität zu Lübeck und die Technische
Hochschule Lübeck – https://www.ffm-luebeck.com/